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Einflüsse auf die Wechselkurse in der Praxis
[devisen-trader.de] - Gemäß der volkswirtschaftlichen Theorie beeinflusst die Entwicklung der Preisniveaus in zwei Ländern den Wechselkurs zwischen diesen beiden Ländern ebenso wie die Entwicklung der Zinsen. Beide Größen – Preisniveau und Zinsen – werden aber durch die Geldpolitik des jeweiligen Landes maßgeblich bestimmt. Das kann auch nicht weiter verwundern, ist doch der Wechselkurs nichts anderes als der Preis einer Währung. Es lohnt sich daher, einmal einen genaueren Blick auf die Geldpolitik in den großen Währungsblöcken sowie auf die Art und Weise der Messung von Preisniveau und Zinsen zu werfen.
1.1 Die Preisentwicklung
In allen Ländern werden durch die statistischen Ämter die Entwicklung der Preisniveaus für verschiedene Warenkörbe gemessen. Die größte Beachtung finden die Konsumentenpreise und die Produzentenpreise, wobei der Index der Produzentenpreise – wiewohl in der Öffentlichkeit weniger beachtet – für die Kaufkraftparitätentheorie die größere Rolle spielt.
Denn: Während im Index der Konsumentenpreise auch viele Güter erfasst werden, die nicht handelbar sind, setzt sich der Index der Produzentenpreise überwiegend aus den Preisen handelbarer Güter zusammen.
Neben diesen beiden Preisindizes sind auch die Indizes für die Export- und Importpreise wichtige Größen, die den Wechselkurs beeinflussen können, denn sie geben die preisliche internationale Wettbewerbsfähigkeit der Güter des jeweiligen Landes wieder.
Die Angst vor der Deflation
Der Begriff “Deflation” ist zweideutig. Als Gegenstück zur Inflation ist sie ein anhaltender Rückgang des Preisniveaus. Oftmals wird Deflation jedoch mit einem starken Nachfrageausfall gleichgesetzt. Eine solche “deflatorische Lücke” und ihr Auswachsen zur Depression ist die Gefahr, vor der Krisenpropheten warnen.
Wann führen aber sinkende Preise zu sinkender Nachfrage, Produktion und Beschäftigung?
Schrumpfen bei Preisrückgängen die Gewinne, gehen manche Unternehmen in Konkurs, andere investieren weniger. Wenn auch die Löhne sinken, dann bleiben zwar Arbeitsplätze erhalten, Einkommen und Konsum können aber zurückgehen. Schließlich schieben die Konsumenten in Erwartung sinkender Preise manche Käufe auf die lange Bank. Schrumpfen zudem Immobilienpreise und Aktienkurse, dann können die Schulden die Vermögenswerte übersteigen und die Gefahr von Kreditausfällen und Bankenkrisen wächst.
Obwohl in den USA und besonders auch in Deutschland deflationäre Gefahren bestehen, sind beide Länder von dem beschriebenen Szenario derzeit weit entfernt.
Die Zinssätze in einer Volkswirtschaft entscheiden maßgeblich über die Höhe der Investitionen. Je niedriger die Zinsen sind, die durch Geldanlage am Kapitalmarkt erzielt werden können, um- so attraktiver werden andere Möglichkeiten der Geldanlage, wie zum Beispiel Investitionen in Unternehmen.
Darüber hinaus wird für private Haushalte das Sparen unattraktiver, je niedriger die Zinsen sind. Niedrige Zinsen sorgen daher auch für einen Anstieg des Konsums.
Besonders augenfällig ist dieser Zusammenhang bei Entscheidungen über den Kauf langlebiger und teurer Konsumgüter, die eine Verschuldung erfordern, wie zum Beispiel der Kauf von PKWs oder der Bau und Kauf von Häusern.
Zur Messung der Zinsniveaus werden in allen Ländern verschiedene “Zinsbarometer” ermittelt, die für unterschiedliche Laufzeiten beispielhaft die Zinsentwicklung wiedergeben.
1.2 Langfristige Zinsen und Inflationserwartungen
Die Höhe der Zinssätze für 3-Monatsgeld wird maßgeblich durch die Markterwartungen über die zukünftige Entwicklung der Leitzinsen bestimmt. Rechnen die Marktteilnehmer z.B. mit einer Erhöhung der Leitzinsen, dann spiegelt sich das in einem Anstieg der Zinssätze für 3-Monatsgeld wider. Das ist insoweit auch erwünscht, da die Notenbanken mit ihren geldpolitischen Maßnahmen ja gerade auf eine Änderung der kurzfristigen Zinsen abzielen.
Die langfristigen Zinsen können dagegen von der Geldpolitik nicht direkt gesteuert werden. In den Zinssätzen am Rentenmarkt spiegeln sich nämlich auch die Inflationserwartungen der Marktteilnehmer wider.
Konjunkturzyklus und Zinskurve
Das kommt so: Die Notenbanken senken im Konjunkturabschwung und in der Rezession die Zinsen, da in dieser Phase die Inflation niedrig ist und natürlich die Investitionsbedingungen verbessert werden sollen. Dadurch sinken die Zinsen am Geldmarkt. Gleichzeitig steigen aber die Zinsen am Rentenmarkt, da für die Zukunft eine höhere Inflation erwartet wird – schließlich wird die Erhöhung der Geldmenge durch die Senkung der Leitzinsen langfristig zu einem Anstieg des Preisniveaus führen.
Im Gegensatz dazu hat man es in einer Boomphase der Wirtschaft häufig mit einer flachen Zinskurve zu tun:
Die Notenbank erhöht die Zinsen, um die in einer Boomphase auftretende Inflation zu bekämpfen und um eine Überhitzung der Wirtschaft zu vermeiden. Dadurch steigen die kurzfristigen Zinsen am Geldmarkt. Die langfristigen Zinsen am Rentenmarkt dagegen fallen, da die Marktteilnehmer bereits voraussehen, dass die Konjunktur sich wieder abschwächen wird und die Zinserhöhungen durch die Notenbank zu einer geringeren Inflation in der Zukunft führen.
1.3 Rentenmarkt und Wechselkurse
Natürlich ist aber am Rentenmarkt nicht alles so einfach, wie bisher dargestellt: Auch an den Rentenmärkten bestimmen Angebot und Nachfrage die Preise.
Gelingt es zum Beispiel einem Land, seine Neuverschuldung abzubauen, dann sinkt auch das Angebot von Staatsanleihen. Verändert sich die Nachfrage nicht, dann führt diese Angebotsverknappung tendenziell zu steigenden Kursen und sinkenden Zinsen – ohne dass sich an den Inflationserwartungen etwas geändert hat.
Darüber hinaus kann es zum Beispiel zu steigenden Kursen am Rentenmarkt kommen, obwohl die Notenbanken die Zinsen gesenkt haben und die Inflationserwartungen für die Zukunft gestiegen sind.
Der Grund: Die Risikobereitschaft der Anleger ist aus irgendwelchen Gründen gesunken, weshalb sie die Geldanlage in den sicheren Rentenpapieren suchen. Man spricht hier davon, dass die Rentenpapiere der Schuldner mit höchster Bonität, also die Staatspapiere der Industrieländer, als “sicherer Hafen” für die Geldanlage dienen.
Dies war zum Beispiel im Vorfeld des Irak-Krieges zu beobachten. Doch sind solche Entwicklungen gewöhnlich nicht von langer Dauer. Langfristig gilt der beschriebene Zusammenhang zwischen Konjunkturerwartungen, Inflationserwartungen und langfristigen Zinsen.
1.4 Die Instrumente und Ziele der Geldpolitik
Träger der Geldpolitik ist die Notenbank (auch: Zentralbank) des jeweiligen Währungsraums. Ziel der Geldpolitik ist die Preisstabilität.
Wie jedoch diese Preisstabilität definiert wird, ist von Notenbank zu Notenbank verschieden. Die meisten Zentralbanken setzen Inflationsziele fest (in der Regel in etwa 2 Prozent). Null Prozent Inflation ist nicht wünschenswert, da die Gefahr negativer Auswirkungen auf die Konjunktur besteht, wenn der Wirtschaft nicht ausreichend Liquidität zur Verfügung gestellt wird.
Es wird daher eine geringe Inflation in Kauf genommen. Natürlich können die Notenbanken das Preisniveau nicht direkt beeinflussen, sie können lediglich die Geldmenge steuern. Das geschieht auch – aber nicht nur – über Veränderungen bei den Zinsätzen, zu denen sich die Geschäftsbanken bei der Notenbank Geld beschaffen können.
So sind die wichtigsten Instrumente der US-Notenbank (Federal Reserve, kurz: Fed) der Zinssatz für Tagesgeld (Fed Funds Rate) und die Offenmarktgeschäfte (Open Market Operations). Auch die Bank of Japan (BoJ), die EZB, die Bank of England (BoE) und die Schweizer Nationalbank (SNB) steuern die Geldmenge in erster Linie mit Hilfe dieser beiden Instrumente. Der Diskontsatz (Discount Rate) liegt normalerweise unter dem Zinssatz für Tagesgeld, besitzt aber dort, wo er überhaupt noch Anwendung findet, nur eine untergeordnete Bedeutung.
Das Gleiche gilt für die Steuerung der Geldmenge über die so genannte Mindestreserve, welche die Geschäftsbanken bei ihrer jeweiligen Zentralbank halten müssen.
Der Zinssatz für Tagesgeld ist der Zins, zu dem sich Geschäftsbanken über Nacht von der Zentralbank Geld leihen können. Veränderungen in diesem wichtigen Zinssatz dienen neben ihren tatsächlichen geldpolitischen Wirkungen dazu, dem Markt klare Signale über den weiteren geldpolitischen Kurs zu geben.
Quelle: (c) devisen-trader.de - Auszug aus "Schnellkurs Devisen" - 38 Seiten PDF
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